Freundschaften zwischen Reanimation und Adieu sagen

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Gesehen bei Orange and Green, Graz, Färbergasse Foto: UDZ

 

Während ich mir einerseits vornehme, nicht Zuviel darüber (nach) zu grübeln, warum die ehemals so gute Freundschaft keine mehr ist  – ja kaum mehr etwas mit einer guten Bekanntschaft zu tun hat, versuche ich loszulassen, sein zu lassen und etwas auch mal so stehen zu lassen – auch ohne unbedingt eine Lösung/Erklärung whatever parat zu haben! Schwer? Verdammt schwer sogar…Lasst es mich versuchen zu erklären: Bei den einen Freundschaften setzt es einen dramatischen Schlussakkord – man hat sich im Streit getrennt bzw. ist nicht mehr bereit einander nach größeren Meinungsverschiedenheiten wieder die Hand zu reichen, sich zu versöhnen. Bei wieder anderen hat es sich einfach im Laufe der Zeit „ausgefreundschaftet“. Man hatte vielleicht auch schon länger das Gefühl, dass es einfach nicht mehr so ist – so innig, so herzlich – wie es „früher“ mal war… und irgendwann muss man sich eingestehen: Das Leben ist Veränderung – wohl auch im Sinn von anderen (vermutlich auch getrennten) Wegen gehen. Die dritte und dennoch nicht minder wichtige Art und Weise, die aus der vermeintlichen Freundschaft etwas anderes entstehen hat lassen: Sie war (noch) nie eine solche, man hat es sich zwar eingebildet, aber dem war definitiv nicht so. Die „Freundin“ hat es auch nie so gesehen… man war für sie bestenfalls eine gute Bekannte… und nicht das, was man vielleicht insgeheim auch gerne sein wollte, ja bereit war zu sein: der Freund, die Freundin, der Kamerad, mit dem/-r man sozusagen Pferde stehlen kann oder aus (Liebes- was auch immer)Kummer mitten in der Nacht aus dem Bett klingelt (entweder per Handy oder weil man heulend vor ihrer Tür steht). Weh tun wohl alle „Enden“, die Frage ist nur: Bedeuten sie wirklich das Ende oder beinhalten sie vielleicht sogar eine Chance aus dem, was ist, noch eine wirkliche echte Freundschaft entstehen zu lassen. Daran zu arbeiten, um vielleicht – who knows? – daraus eine echte Beziehung auf Augenhöhe zu entwickeln?

 

Ich kenne aus jeder dieser Gruppen zumindest eine Person bzw. habe zumindest einmal eine der beschriebenen Freundschaftsbeziehungen erlebt.

Beim dramatischen Schlussakkord ist es vielleicht am einfachsten zu sagen: „hab‘ mi gern, i geh‘ meiner Weg‘ …“ (für alle deutschen Leserinnen: „mach’s gut, ich vertschüss‘ mich“). Man ist gekränkt, beleidigt, fühlt sich hintergangen (wurde es mitunter auch) und will mit dieser ehemaligen Freundin, dem guten Freund einfach absolut nichts mehr zu tun haben. Da stellt sich freilich – ähnlich wie in Liebesbeziehungen – dann wohl auch die Frage: Kann man vorgefallenes verzeihen? Muss man sich entschuldigen oder sollte es in seinen Augen der andere? Ist es einem die (vielleicht jahrelange) Freundschaft wert, darum zu kämpfen? Und wenn ja: Kann man es auch schaffen, die Freundschaft wieder zu einer tragfähigen Beziehung mit Vertrauen und allem drum und dran zu aufzubauen? Denn dann kann die Antwort nur lauten: Kämpfen und arbeiten und sich bemühen… und auch mal schauen: wie geht es denn eigentlich dem Freund, der Freundin damit? Hat er / sie möglicherweise eine ganz andere Sichtweise und wir schaffen es in unserer Subjektivität nur nicht einmal ein wenig – ok vielleicht ist ja auch ein bisschen mehr als ein wenig nötig – über den Tellerrand zu schauen…? Jedenfalls sollte man ausloten… wie wichtig einem die ehemalige Freundschaft war und noch ist… und danach handeln und nicht im Affekt alles Schöne liegenlassen und dem Verderb aussetzen.

Unsere Werte und auch unsere Haltungen (ver)ändern sich im Laufe der Jahre. –  Das kann auch das Ende einer Freundschaft bedeuten, muss es aber nicht!

Kommen wir zur zweiten Möglichkeit, warum aus Freundschaften bestenfalls gute Bekanntschaften geworden sind und wir uns fragen: Wo ist das geblieben, was wir mal hatten…? Was ist aus uns – gleichsam jeden einzelnen von uns wie auch dem ehemaligen gemeinsamen Freundschaft (man könnte es auch dem „wir“ nennen) – geworden? Hat es sich aufgrund veränderter Lebensumstände (wie zB ehemaligen Schul- oder Studienfreundinnen) oder auch mangels Freizeit ergeben, dass man kaum mehr Zeit füreinander hatte und sich auch nicht wirklich darum bemühte, sich diese zu nehmen? Sind die Interessen sooo weit auseinander gedriftet, dass man kaum mehr eine gemeinsame findet? Warum auch immer dieses „uns“, das ja zweifellos mal da war, uns nun scheinbar abhanden gekommen ist… Es IST nun mal so und wir werden nicht umhin kommen, uns die Frage zu stellen: Wollen wir mit diesem Menschen noch einmal eine Beziehung, die wir auch auf die Stufe einer Freundschaft stellen können, erreichen oder aber reicht es uns… dass es einfach so gut wie im Sande verläuft. Wir vielleicht einen netten Bekannten, aber keinen echten Freund mehr haben. Und auch hier gibt es nur die Möglichkeit, sich aktiv darum zu bemühen… Irgendwann könnte man allerdings merken, dass ein ständiges und stetes einseitiges Bemühen nicht wirklich zielführend ist und man gibt dies auf – dann doch wohl aus gutem Grund. Eine Freundschaft ist immer nur so belastbar, wie ihre Eckpfeiler und auf einem Bein kann man dauerhaft nicht gut stehen, geschweige denn laufen.

Was dem zuletzt beschriebenen Modell ähnelt ist die ach so gute Bekanntschaft, die  gerade doch nicht wirkliche Freundschaft, die vermeintliche eben. Wir hatten doch letzten Sommer soviel Spaß beim Weggehen, beim Sporteln im Fitnessstudio und auch beim Schwimmen und haben uns auch ausgetauscht über Familie, (andere) Freunde und Kinder und dabei oft und oft das Gefühl gehabt: Es passt, es passt einfach mit diesem Menschen, wir schwimmen auf ein- und derselben Welle, haben solche Übereinstimmungen… Während es für uns vermutlich auch wirklich so war und von uns genauso empfunden wurde, war es für den anderen eigentlich nie das, wohl eine gute Bekanntschaft, wohl eine gute Gesprächsbasis, aber doch keine Freundschaft, die einen gemeinsam durch dick und dünn – im übertragenen wohl auch – durch tiefe Täler und über hohe Gipfel – geführt hat. Auch hier gilt: Wollen wir eine Freundschaft und wollen vielleicht nur wir es? Wollen wir auch dafür kämpfen, sind wir bereit dazu, dem anderen u n d uns einzugestehen: Eigentlich habe ich mir mehr von uns, unserer zwischenmenschlichen Beziehung erwartet als da jetzt da ist. Na dann los! Der erste Schritt, der auch meist der schwerste ist, sollte eigentlich getan werden, indem man es ruhig und freundlich anspricht mit dem einkalkulierten Risiko, dass man möglicherweise auch zur Antwort bekommt: Du ich sag dir ehrlich für mich sind wir einfach sowas wie gute Bekannte, aber doch keine echten Freunde. – Freilich jetzt eher „worst-case-Szenario“.

Allerdings: Wer an echte Freundschaft glaubt und sie erlebt hat, sollte es nie – aus Feigheit oder Verlegenheit oder warum auch immer – unversucht lassen, um diese Freundschaft zu kämpfen…

Und auch alte Freundschaften, die vielleicht ein paar Jahre auf Sparflamme köchelten, können eine Renaissance erleben, wenn wir ihnen nur eine Chance geben…

In diesem Sinn seid ❤ lich gegrüßt und kämpft und bemüht euch um eure Freunde, die euch wichtig sind!

Xoxo

Ulli

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„Gemma auf einen Kaffee“ ist oft der verheißungsvolle Beginn einer Freundschaft…

 

 

 

 

4 Gedanken zu “Freundschaften zwischen Reanimation und Adieu sagen

  1. Wie immer, hast dU mal wieder den Punkt getroffen liebe Ulli👌
    Passiert mir auch immer wieder, dass ich mich das frage….
    „Aber im Leben hat ALLES seine Zeit“
    und es ist gut loszulassen, wenn‘s nicht mehr passt…
    und sich an schöne Zeiten zu erinnern….
    Platz schaffen für „Neues“😉
    Bei „wahren“ Freunden (ich habe sogar 3, wir sind Freundinnen seit unserer Schulzeit) stellt sich diese Frage eh nicht, WiR sind schon durch dick und dünn gegangen und werden miteinander alt werden, NiCHTs kann UnS trennen!
    Dein Plogpost hat mir das mehr denn je bestätigt, DanKe liebe Ulli🙏

    Gefällt 1 Person

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