Vor etwas mehr als zwei Jahren kam beruflich die Aufgabe auf mich zu, unter anderem auch junge Menschen praktisch auszubilden. Inzwischen waren zahlreiche Lehrlinge bei mir und wir hatten fast immer eine sehr bereichernde Zeit miteinander… Keine chronologische, sondern eine sehr willkürliche Geschichte, wie wir ein Stück des Weges gemeinsam gehen durften.
Die Arbeit mit jungen Menschen ist mir ein Herzensanliegen und das Fördern wie natürlich auch Fordern (im Rahmen der Möglichkeiten) stellt eine ständige Herausforderung dar! #mydailychallenge könnte man mit einem dicken Augenzwinkern auch meinen. Nachdem ich zahlreiche Male darüber nachgedacht habe, warum gerade mir und gerade jetzt diese schöne, aber durchaus mitunter mühevolle Aufgabe zuteil geworden war, gab ich es auf zu grübeln und begann stattdessen es einfach dankbar anzunehmen…
Dankbar für die Ausbildung, die Zeit, die Chance, vor allem aber für das Kennenlernen junger Menschen, die sozusagen am Anfang ihres Berufslebens stehen und als heranwachsende Persönlichkeiten meinen beruflichen Weg kreuzen, der noch etwa 15 Jahre dauern wird – also seinen Zenit bereits überschritten hat. Dankbar auch für die Möglichkeit im Lehren selbst noch zu lernen und daran zu wachsen – d.h. mitunter auch eigene Schwächen zu sehen und auszumerzen zu versuchen oder aber sie auch akzeptieren, mit Emotionen umgehen zu lernen und vor allem immer offen sein für neue Wege, die doch allesamt ans Ziel führen. Nämlich an jenes, die Berufsausbildung des Lehrlings so zu gewährleisten, dass dieser das sogenannte Handwerkszeug erhält, um seine Lehre positiv beenden zu können. Zum Anderen ist es aber auch eine Zeit – viele (n i c h t alle – siehe weiterer Text) der mir anvertrauten Lehrlinge haben gerade erst ihre neunjährige Schulpflicht absolviert – wo das Heranwachsen und -reifen dieser jungen Menschen bei Weitem nicht abgeschlossen ist.
Dies ist nicht nur eine echte Herausforderung, sondern auch wirklich spannend. Nachdem ich drei junge Männer und zahlreiche Damen immer für rund einen Monat – im Ausnahmefall auch mehrere Monate – begleiten durfte, weiß ich im übertragenen Sinn: wie kein Stein dem anderen gleicht so unterschiedlich sind auch die jungen Menschen in ihren Persönlichkeiten. – Beeinflusst von Herkunft und Familie sowie auch von Schule und bisheriger Ausbildung und last not least vom jeweiligen Freundeskreis. Da gibt es die 15jährige „Daydreamerin“ und den Computerspezialisten; da findet man die absolut Fitness- und Ernährungsbewusste und Lidstrichbegabte neben der jugendlichen Pferdebesitzerin und nicht zu vergessen die gerade in der Freizeit „L-17“ Absolvierende neben dem fast schon Fußballprofi, der vier mal die Woche nachmittags zum Training geht. Hier lernt man die im zweiten Lehrberuf befindliche 25jährige kennen und macht Bekanntschaft mit einer bereits fertigen Kindergartenhelferin.
Wichtig ist in meinen Augen nicht nur das bloße Beibringen von Fertigkeiten – wie macht man die perfekte Excel-Tabelle? – sondern das Annehmen des Menschen mit seiner gesamten Persönlichkeit und eben auch das Lehren der sogenannten „soft-skills“. Wer mit seinen 15, 16 Jahren noch nicht pünktlich sein oder keine Ordnung halten kann, wird sich schwer tun, dies noch zu lernen. Wer gewohnt ist, Verantwortung zu übernehmen (zB. in der Familie oder auch für ein (Haus-)Tier), wird dies auch im Beruf schaffen. Wer gerne und gut kommuniziert, wird sich diesbezüglich auch in einem Lehrberuf leicht tun.
By the way: Immer wieder entdecke ich Schwächen in der schriftlichen Kommunikation, was in der heutigen Zeit von Kurznachrichten (sms, whatsapp) keine Überraschung ist. Hier gibt es ungefragt den Tipp: lesen, lesen, lesen – auch Bücher, denn wer liest gewinnt nicht nur grammatikalische und orthographische Kenntnisse, sondern verbessert auch seinen Stil.
Lesen – nicht nur whatsapp und instagram-captions, sondern auch echte Bücher!
Und so versuche ich immer wieder „so ganz nebenbei und zwischendurch mal diese „Weisheit“ an den Mann bzw. die junge Dame zu bringen, was mitunter eben auch wieder dazu führt, dass man einiges über Familien und Freizeit wie auch über sogenannte #lifegoals erfährt. Ob es sich dabei nun um die ersehnte Weltreise oder auch einen geplanten Hausbau dreht – diese Bandbreite ist weit gestreut. Dazwischen wird auch – immer mit einem Augenzwinkern – geschult, was die tägliche Arbeit und somit das Leben so bietet und bringt. Eine Rechnung einer Firma kann uns auch später mal als Konsument „passieren“ – worauf müssen wir im Hinblick auf Erledigung und zeitlicher Priorität achten? Wenn wir eine E-Mail verfassen, so ist das keine Kurznachricht und wir können uns nicht Prädikate einfach sparen… Die Post muss geholt werden… weil sie wird nicht über den Posteingang des Outlook am PC über uns „hereinbrechen“, damit wir sie bearbeiten können, sondern schlicht und einfach in einem Post(verteiler)kasten abzuholen sein.
Tja und um nicht mehr so detailverliebt – wie ich es nun mal bin – fortzufahren, komme ich noch auf einen mir sehr am Herzen liegenden Punkt: Den jungen Menschen ein wenig (an)leiten, zum selbstständigen Tun und Denken führen, sollte nicht nur Aufgabe, sondern auch Zielsetzung eines jeden Ausbilders sein; natürlich wird man beim gerade erst die Schule hinter sich gelassenen 15jährigen anders vorgehen und ein möglicherweise nicht so hochgestecktes Ziel verfolgen (können) wie bei einer bereits über einen fertig erlernten Beruf verfügenden jungen Erwachsenen. Dies ab- und einzuschätzen, den Bedarf, wo fördern nötig ist und auch das Potenzial erkennen muss ein #jobgoal von mir sein.
In diesem Sinn freue ich mich schon sehr auf meinen „August-Lehrling“, eine junge Dame im ersten Lehrjahr, ja sogar in ihrem ersten Monat als Lehrling.
XOXO
Ulli
Danke dem Fotostudio Alexandra für die Portraitsfotos!